HSG Konstanz – VfL Pfullingen 34:33 (14:17)
Fassungslose Gesichter statt unbändiger Jubel, Sprachlosigkeit statt strahlende Gesichter – der VfL Pfullingen hat den Sprung in die Finalspiele der Aufstiegsrunde auf ganz bittere Art und Weise verpasst. In Konstanz lieferte das Team von Daniel Brack eine bärenstarke Leistung ab, führte mehrfach deutlich und krönte das Spiel in den Schlusssekunden mit dem Tor zum 34:34-Unentschieden – eigentlich, denn das Kampfgericht pfiff den letzten VfL-Treffer unberechtigterweise zurück.
Aber der Reihe nach: Der VfL Pfullingen fand schnell ins Spiel, ließ sich auch nicht von den 1700 lautstarken Zuschauerinnen und Zuschauer beeindrucken. Nach der ausgeglichenen Anfangsphase setzte sich der VfL mit einem 3:0-Lauf von 5:7 erst auf 5:9 in der 15. Minute und dann auf 6:12 in der 18. Minute ab. Im Angriff fanden die Echazkrokodile immer wieder Mittel und Wege, die offensive Deckung der Konstanzer zu überwinden. In der Abwehr standen die Pfullinger sicher, konnten so einige Ballgewinne generieren oder technische Fehler der Gastgeber provozieren. Auch Torhüter Simon Tölke präsentierte sich wieder in starker Form und parierte einige teils freie Würfe seiner Ex-Teamkollegen. In der Folge verkürzten die Gastgeber mit drei Toren in Folge aber dann auf 9:12. Nach einer Auszeit von Daniel Brack durchbrach Felix Zeiler mit seinem Treffer zum 9:13 in der 20. Minute diesen kleinen Lauf. Bis zum Halbzeitstand von 14:17 konnte Konstanz noch um ein Tor verkürzen. In der Halbzeit Drang die Nachricht aus Krefeld nach Konstanz durch: Schalksmühle hatte gewonnen, für Pfullingen hieß es damit: Alles oder nichts, Platz eins oder drei.
Die HSG Konstanz kam danach besser aus der Kabine als der VfL. Nachdem Alexander Schmid noch zum 14:18 traf, verkürzten die Konstanzer zunächst mit einem 3:0-Lauf auf 17:18. Unter tosendem Applaus des Publikums glich Fynn Beckmann in der 36. Minute zum 20:20 aus. Der VfL Pfullingen fing sich aber schnell wieder und erhöhte in Überzahl – Jo Knipp hatte nach der dritten Zeitstrafe die Rote Karte gesehen – schnell auf 20:24. In der 45. Minute führte der VfL beim Stand von 23:28 dann sogar wieder mit fünf Toren – und die „Pfullingen – Pfullingen“-Rufe der mitgereisten VfL-Fans, die auf der Tribüne alles gaben, hallten durch die Schänzle-Halle. Nach der letzten Auszeit von HSG-Trainer Jörg Lützelberger bließen die Konstanzer aber dann zur Aufholjagd und kamen mit vier Toren in Folge auf 27:28 heran. Es bahnte sich nun ein Krimi an, der mit einem brutalen Ende aus Sicht des VfL Pfullingen enden sollte.
In der 53. Minute ging Konstanz erstmals seit den Anfangsminuten wieder in Führung – Lars Michelberger traf zum 31:30, Fynn Beckmann zum 32:30. Der VfL Pfullingen hielt aber dagegen und zwei Tore von Spielmacher Lukas Fischer brachten die Echazkrokodile bis zur 59:17 Minute auf 33:33 heran. Acht Sekunden vor dem Ende netzte Samuel Wendel zum 34:33 ein. Daniel Brack legte postwendend die Grüne Karte und schickte im Anschluss sieben Feldspieler auf die Platte. Der Schlagwurf von Lukas Fischer wurde dann zunächst geblockt. Über Florian Möck fand der Ball dann aber den Weg zu Kreisläufer Paul Prinz der kurz vor der Schlusssirene zum erlösenden 34:34 traf. Nach dem Tor-Pfiff der Schiedsrichter brachen bei den Pfullingern alle Dämme, Spieler und Trainerteam hüpften übers Spielfeld und lagen sich in den Armen – dann kam der große Schock: Das Kampfgericht, erklärte den letzten Treffer für ungültig, die Zeit sei angeblich vorher schon abgelaufen gelesen.
Damit scheidet der VfL Pfullingen auf brutale Art und Weiße aus dem Aufstiegsrennen aus. Ein Unentschieden hätten den Echazkrokodilen gereicht, um eine Runde weiterzukommen. Damit hätten sie zudem die HSG Konstanz vom ersten auf den zweiten Tabellenplatz geschoben. Die Verantwortlichen des VfL Pfullingen kündigten aber sofort an, Einspruch gegen die Entscheidung des Kampfgerichts einzulegen. Dieser wurde am Sonntagabend fristgerecht eingereicht. Ob und wie die Chancen stehen, dass dem Einspruch stattgegeben wird, ist aktuell noch nicht abzusehen – ein kleiner Funken Hoffnung bleibt also.
Auch mit einem Tag Abstand sitzt der Schock beim VfL noch tief: „Wir sind unglaublich enttäuscht über den Ausgang des Spiels. Wir hätten es schlicht und ergreifend verdient gehabt, das Feld mit einem Unentschieden zu verlassen – oder sogar als Sieger“, so Trainer Daniel Brack am Sonntag. „Ich bin aber mit der Leistung meiner Mannschaft sehr, sehr zufrieden. In der ersten Halbzeit haben wir im Angriff gegen die 3-2-1-Abwehr der Konstanzer eine fantastische Leistung geboten. Auch in der Abwehr haben wir gut zu unserem Spiel gefunden. In der zweiten Halbzeit haben wir zunächst genau so grandios weitergemacht. Dann hatten wir eine kleine Schwächephase. In der Schlussphase haben wir es im Angriff mit dem siebten Feldspieler sehr gut gelöst und haben noch sehr gute Abschlüsse generiert“, fiel die erste Spiel-Analyse des VfL-Kommandogebers aber dennoch positiv aus.
„Im letzten Angriff haben wir so auch noch ein aus meiner Sicht regelgerechtes Tor erzielt. Der Ball war für mich noch vor der Schlusssirene im Tor. Das Signal der Hallenuhr kommt nach dem Torerfolg und das lässt sich sehr eindeutig beweisen“, fasste er zudem die letzte, entscheidende Aktion zusammen. „Als faire Sportsleute wollen wir aber nicht verpassen der HSG Konstanz und der SG Pforzheim-Eutingen für die möglichen Relegationsspiele viel Glück zu wünschen. Auch meine Mannschaft hätte dies aber nach dieser Runde verdient“, fügte Brack hinzu. Er versuchte am Sonntag auch schon, den Blick wieder nach vorne zu richten: „Wir müssen jetzt versuchen, schnell Abstand zu diesen bitteren Sekunden zu bekommen. Das wird alles andere als leicht werden. Wir müssen aber an dieser Situation als Team wachsen und versuchen, noch stärker zurückzukommen.“
Für Florian Möck, Alexander „Rudi“ Schmid, Manuel Bauer, Frieder Nothdurft, Co-Trainer Tobias Stoll und Torwarttrainer Michael Villgrattner war es das letzte Drittligaspiel im VfL-Trikot. Dass sich die Mannschaft mit diesem Ergebnis von ihnen verabschieden muss, geht Daniel Brack nah: „Es ist wirklich traurig, dass wir uns mit so einem Tiefschlag von langjährigen Spielern und Trainern verabschieden müssen, die gestern ihr letztes Spiel für den VfL absolviert haben. Egal ob für Tobi, Villes, Flo, Frieder, Manu oder Rudi – das ist für uns alle schon extrem hart. Ich bin diesen Spielern und meinen beiden Co-Trainern unglaublich dankbar und ich glaube, dass wir auf dem Heimweg doch noch einen schönen Abschluss im kleinen Kreis hatten.“
Auf der Heimfahrt dankte Florian Möck stellvertretend für die Mannschaft auch den mitgereisten VfL-Fans für ihre unglaubliche Unterstützung von den Rängen. „In dieser Halle waren 1700 Zuschauer, gefühlt 1650 waren für Konstanz und ich habe die ersten 45 Minuten lang nur unsere eigenen Fans gehört“, drückte der Rückraumspieler, der in der neuen Saison als Co-Trainer fungieren wird, am Ende eines nervenaufreibenden Tages seine große Dankbarkeit aus.
Titelbild: Maik Wörner